Beiträge von Johanna Roth - Bernstein im Thema „Schneekatastrophe 1978/79“

    Na, klar.
    1. war ich froh, Dich heil wieder in Kassel zu haben.
    2. War ich froh, überhaupt selber in Kassel zu sein.
    Am 31.12. 79 saß ich noch quietschvergnügt auf einem Hüttendach Nähe Starnberger See. Sivesterfeier mit der Familie meiner Freundin. Argloser Beginn der Rückfahrtvon Bichel nach Kassel nach dem Frühstück. Tanken kurz vor München. " Was, sie wollen nach Kassel? Sind sie wahnsinnig?" fragte der Tankwart. Andere, vom Norden Kommende gesellten sich schnell im Kreis um mich. " Da kommt man doch nicht mehr durch. Das lassen sie mal lieber" Ich fuhr dennoch, denn, Uli erwartete mich am nächsten Abend am Bahnhof in Kassel.
    Kurz hinter München fing der Wahnsinn an. Am Rande bald liegengebliebene Autos. Meiner war bedeutend kleiner als die dort lagen oder steckten. Bloß nicht stehen bleiben, war mir schnell klar. Stur im 2. Gang hinter den andern her, jedenfalls hinter denen her, die noch fuhren. Bloß keinen überholen....ging für mich eh nicht, aber andere Verrückte gab es auch damals schon...Die Heizung setzte aus... Füße, Beine, Arme , Hände eisekalt. Die immer schmaler werdenden Fahrspuren schienen sich gleichzeitig ins Endlose zu dehnen. Der Magen knurrte.... Kurz vor 3 Uhr nachts stand ich heil vor meinem Haus. Bloß raus und rein in die Wohnung. Drin sofort Telefonklingeln, die Bichler: " Endlich! Wir hatten so Angst um dich. Aber nun bist du ja daheim. " Ich hauchte fast nur noch ein " Ja".
    Am nächsten Abend stundenlanges Warten auf dem eisigen Kassler Bahnhof auf den Zug aus Chemnitz. Er wurde schon abgemeldet auf dem Anzeigeschild. Aber ich kannte meine DDR und wartete. Da , plötzlich erschien er wiederauf der Anzeigetafel. Wahrscheinliche Verspätung 2 Stunden. Dann 3 Stunden. Endlich! Endlich! Endlich kam er. Ich war mit den Nerven fertig und heulte vor Glück, Uli im Arm zu haben. Uli war auch mehr als fertig. Sie hatte unter Eiseskälte stundenlang am Chemnitzer Bahnhof warten müssen. Auch dort wurde der Zug schon abgemeldet und sie hatte auch das richtige Gefühl, zu warten. Und siehe, plötzlich wurde er doch bereit zur Abfahrt gemeldet.
    Nee, den Winter werden wir nicht vergessen. Erst am nächsten Abend bekamen wir dann die Nachrichten über das abgesperrte Norddeutland und die dortigen Stromausfälle mit. Da wurden die Autos in Kolonnen hinter Schneepflügen geführt vorwärtsgebracht. Irgend so ein Ding hatte ich auf meiner Fahrt nirgends gesehen. Aber dafür hatten wir in Kassel Strom und warme Zimmer. So riesig dankbar dafür kann man nur sein, wenn man riesige Kälte erlebt hat.